Droht einem Unternehmen die Insolvenz, sollten die Geschäftsführer sich gründlich überlegen, welche Zahlungen freigegeben werden. Dass eine persönliche Haftung der Geschäftsführer nicht erst mit einem Insolvenzantrag beginnt, zeigte sich abermals durch zwei neue BGH-Urteile vom Juni 2017.
BGH-Urteil vom 13.7.2017 (Az.: IX ZR 173/16): Der Geschäftsführer der angeklagten GmbH nahm aufgrund einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ein Kontokorrentdarlehen von 100.000 € auf, welches durch eine Forderungsabtretung der GmbH und eine persönliche Bürgschaft des Geschäftsführers besichert wurde. Als die GmbH einen Insolvenzantrag stellen musste, war der Kredit bereits vollständig getilgt. Der zuständige Insolvenzverwalter sah in diesem Sachverhalt eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger gem. § 135 Abs. 2 InsO und erhob Anklage. Laut des BGH greift der genannte Paragraph, da das Darlehen innerhalb eines Jahres vor Insolvenzantragsstellung zurückgezahlt wurde und einer der Gesellschafter als Bürge haftet. Der Einwand des Geschäftsführers, dass die Bank mit der Forderungsabtretung der GmbH bereits insolvenzfest abgesichert war, wurde abgewiesen, da dessen persönliche Bürgschaft vorrangig in Anspruch genommen worden wäre. Die daraus entstandene Gläubigerbenachteiligung musste der Geschäftsführer zurückzahlen.
BGH-Urteil vom 4.7.2017 (Az.: II ZR 319/15): Selbst die Auszahlung von Gehältern und die Begleichung von Rechnungen (Wasser, Energie etc.) können bei einer drohenden Insolvenz zu einer Gläubigerbenachteiligung führen. So musste der zuständige Geschäftsführer einer insolventen GmbH im genannten BGH-Urteil persönlich für die dadurch entstandenen Benachteiligungen aufkommen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Tatbestände, durch die der Geschäftsführer eines Krisenunternehmens persönlich haftet:
- Verletzung der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes gem. § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG
- Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung gem. § 283b StGB (bspw. sollte der Jahresabschluss bis spätestens 30.06. des Folgejahres erstellt worden sein)
- Verletzung der Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals.
- Insolvenzverschleppungshaftung nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 15a Abs. 1, 2 InsO.
- Kontoverrechnungen zwischen Konten der Gesellschaft und des Gesellschafters.
- Haftung für alle Zahlungen nach Insolvenzreife nach § 64 GmbHG
Selbst bei einer Unwissenheit des Geschäftsführers haftet dieser für die genannten und weiteren Tatbestände persönlich.
Für weitere Informationen zu den aktuellen BGH-Urteilen verweisen wir auf den Artikel „Neues zur Geschäftsführer-Haftung im Insolvenzfall“ von Dr. Hans-Jürgen Hillmer, den Sie in der aktuellen Ausgabe des KSI (Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung) 05.17 auf Seite 213 auffinden können. Bei weiteren Fragen können Sie sich zudem gerne an uns wenden.